Tja....So stand ich nun da im Jahre 1989, abgemeldet und entstempelt unter dem Vordach bei dem Ford-Händler, wo vor 10 Jahren alles seinen Anfang nahm.Hier hatte ich all die Jahre bis spät in die Nacht auf meinen alten Herrn gewartet, bis er mit seiner Arbeit fertig war ..90 000 Kilometer hatte ich seitdem willig abgespult. Aus so manchem Stammtischduell gingen wir Anfang der 80ziger gegen all die prüden Opels und VW´s als Sieger hervor . Und das sollte jetzt alles vorbei sein?? Mein einziger Trost war, dass ich nur in der Familie weitergereicht wurde, auch wenn ein anderer sich jetzt in meiner schönen Garage breitmachte und ich im Freien übernachten musste.
Ich gebs zu, dass ich an manchen Stellen nicht mehr taufrisch war. Die salzigen Winter hatten an meinen Radläufen ihren Tribut gefordert, meine schönen verchromten Radzierringe hatten so manche innige Freundschaft mit den Bordsteinen in der Umgebung geschlossen und meine Schaffelle auf den Sitzen hatten schon ein wenig Haarausfall...
Aber meinen bösen Blick hatte ich immer noch drauf, wie am ersten Tag...Mittlerweile hatte schon die neue Generation von sogenannten "Hobbytunern" an ihren Rennsemmeln Golfs und C-Coupes den bösen Blick aus dem Zubehör für sich entdeckt..Aber Original bleibt eben Original....
Es kam der Tag, an dem der Jüngste seinen Führerschein auf dem Landratsamt abholen durfte..Für die Fahrt dorthin fuhr damals sein ältester Bruder, der auch bis vor kurzem noch einen Capri sein Eigen nannte.. Diesen Verwandten von mir, der gleichen Baureihe in rot und schwarzem Vinyldach und gleicher Maschine, ereilte ein schreckliches Schicksal. An einem schönen Sonntagmorgen auf der Autobahn versagte der V6 aus heiterem Himmel seinen Dienst mit gleichzeitig starker Rauchentwicklung unter dem Armaturenbrett. Es ging alles sehr schnell..Die Insassen hatten gerade noch Zeit um sich und ihre Habseligkeiten zu retten, als der Motorraum recht schnell in Flammen stand....VERGASERBRAND!!... lautete die Diagnose später.... Es kam jede Hilfe zu spät.... Einige Wochen stand er noch auf dem Schrottplatz bevor er seinen letzten Gang antrat , sein schönes böses Gesicht durch die entsetzliche Hitze übel entstellt und ausgeglüht. Dort wo früher ein sattes Rot das Blech schützte und die Politur den Powerbuckel verwöhnte, zeigte sich nun grossflächig über die ganze Schnauze bis zur Scheibe die hässliche Fratze unseres schlimmsten Feindes... ROSTFRASS....
Also kam der Tag an dem der Älteste den neuen Caprifahrer zum Landratsamt fuhr um seinen Führerschein zu holen. Penibel wurde meinem neuen 18 jährigen Besitzer auf der Fahrt dorthin erklärt wie man meinen Motor warmfährt und welchen Sprit ich am liebsten mag und wann der beste Moment zum Gangwechsel anliegt...
Die ersten Fahrten mit meinem neuen Besitzer waren schon etwas gewöhnungsbedürftig. Wir mussten uns erst einmal aneinander gewöhnen. Hatte der Anfänger doch seinen Führerschein auf einem Golf gemacht...Haha... Nix mit langer Schnauze, tiefen Sitzen, unübersichtlicher Haube mit Buckel und ordentlichem Dröhnen aus den zwei Endrohren....
Es kam bald die Zeit, da merkte mein junger Besitzer, dass meine Bodenhaftung mit meinen 185er Stahlgürtelreifen nicht mehr zeitgemäss war und auch die Damenwelt nicht sonderlich beeindruckte. Also musste was Breiteres her. Ein damals Bekannter hatte schöne Melber Leichtmetallräder mit der Breite von zu der Zeit unglaublichen 205mm auf seinem alten Capri, der aber auch schon einige Zeit vorher den Weg zum Recycler fand. So wurden sich die zwei schnell einig und alsbald fanden wir uns beim TÜV wieder. Schön sportlich sah ich aus mit den neuen Felgen, der Prüfer war aber trotzdem ein wenig misstrauisch und drehte auf dem Hof einige Runden mit plötzlichem Lenkeinschlag...Sowas aber auch, aber am Ende des Tages hatte ich meinen ersten zusätzlichen Eintrag in meinen Papieren. Dies sollte GottseiDank auch meine einzige "Optimierung" bleiben...
Da mein neuer Besitzer ja damals Lehrling war, mit unglaublichen 500DM monatlichem Schmerzensgeld, hörte ich desöfteren einige Flüche, wenns mal wieder ans unvermeidbare Tanken ging. 1,20 DM kostete damals 1989 der Liter vom leckeren verbleiten Saft, der meine Ventile nur so verwöhnte...
Apropos verwöhnen..Meine schlimmsten Ahnungen von einem Vollgasjunkie mit kaltem Motor bestätigten sich nicht auch wenn die Fahrten ein wenig zügiger waren als die meines alten Herrn... Profihaft wurde nach der Autobahn die Farbe in den Endrohren geprüft...War sie hellgrau, war alles in Ordnung mit meiner Verbrennung..
Ich durfte weiterhin die Politur auf meinem Lack spüren und den Fensterreiniger von Mutti...
Auf der Autobahn hätte mich um ein Haar das selbe Schicksal ereilt wie meinen Verwandten mit Vinyldach... Mein Besitzer hatte zu der Zeit schon eine Freundin...Auf der Heimfahrt roch es plötzlich penetrant nach Benzin....Der erste Verdacht war, dass irgendjemand wohl den Tankdeckel vergessen hatte und mächtig viel Benzin verliert...Ein wenig Schadenfreude war ja schon dabei, die wurde aber schnell im Keim erstickt, wie meine Maschine ihren Dienst versagte....Also Endstation Standspur und nachsehen.. Die Benzinleitung hatte sich von meinem Vergaser gelöst und die Pumpe verteilte den ganzen Saft auf dem Motor, dass es nur so brutzelte wie in Muttis Friteuse beim fritieren...
Ein anderes Erlebnis hätte mich fast um meine Windschutzscheibe und meinen Lack gebracht...Ebenfalls auf der Autobahn wurde ich von einem alten Audi vollbesetzt überholt. Im Sommer bei hohen Temperaturen mit den damaligen Winterreifen viel zu schnell unterwegs konnte nicht lange gutgehen..Vor mir platzte einer der Hinterreifen und das Profil verteilte sich vor mir in der Luft, um genau auf meiner Scheibe einzuschlagen..Etwas zittrig und mit hochrotem Gesicht kamen wir wieder mal auf der Standspur hinter dem noch zittrigeren Audipilotenmit rotem Gesicht und seinen Kumpels zum stehen...GottseiDank waren keine Schäden zu beklagen...
Einmal wurde ich sogar als "Fluchtfahrzeug" benutzt..Der andere Bruder meines Fahrers war manchmal nach ein paar Gläschen ein etwas ungemütlicher Zeitgenosse...An diesem Abend war er in der gleichen Diskothek wie wir...Nach etlichen Kinnhaken die der Bruder verteilt hatte und einer ordentlichen Rangelei war nur noch die Flucht nach vorne möglich, weil die Übermacht für ihn zu gross wurde..Also wurden wir beauftragt vor der Disse zu warten, da ja auch die Helfer von Grün-Weiss schon im Anmarsch waren...Das war Timing...Wir vom Eingang weg, Grün-Weiss kam grade an, natürlich wie immer zu spät
So verging die Zeit bis mein junger Besitzer zum Dienst an der Waffe gerufen wurde..Weil ich ihm zu schade war und auch aus finanziellen Überlegungen wurde ich nur noch ab und zu bewegt und stand fortan in der Garage. Zuletzt stand ich trocken 13 Jahre, abgedeckt mit weichen Teppichen in der alten zweiten Garage meines alten Herrn...
Ich dachte schon, ich wurde vergessen und friste mein dasein unter Teppichen bis ich eines Tages dann doch aus mangelndem Interesse "entsorgt" werde...Seit dem 20.Juli 2013 stehe ich jetzt bei meinem DAMALS jungen Besitzer in der eigenen Garage, der mich natürlich all die jahre nicht vergessen hatte und blicke auf meine Revision, die schon begonnen hat...Mein Garagenkollege ist ein Sportcoupe aus dem Hause Audi mit dem Zusatz TT und viel Elektronik...Jeden Abend wenn mein Besitzer nach Hause kommt und das Garagentor öffnet, zaubere ich ihm ein Grinsen aufs Gesicht mit meinem "bösen Blick"............. Ich habs halt immer noch drauf......................