Anleitung Reparatur Capri III Uhr

  • Hallo,

    möchte hier meine Erfahrung mit der Reparatur von zwei Capri III Uhren (Zeitanzeiger im klassischen Sinne) kundtun.
    Als Warnung vorweg bringe ich an, dass die folgend beschriebene Arbeit nicht für ausschliesslich grobmotorisch veranlagtes Schrauberpersonal geeignet ist. :miffy:
    uhr.png

    Nach dem Ausbau der Uhr aus dem Auto (WHB 33 374) die in einen Blechrahmen eingelassene Scheibe (1) vorne vorsichtig entfernen. Dazu die im Blech in die Plastikfugen eingedrückten Rillen leicht anheben und den Blechrahmen weghebeln. Dies geht gut mit 2 Wochen langen Fingernägeln, sonst kleinen Schraubenzieher oder Teppichmesser benutzen. Somit kommt die Scheibe und dahinter ein schwarzes Abdeckblech (2) weg.

    Es empfiehlt sich ausserordentlich, den folgenden Schritt auf einem sauberen, grossen Tisch zu tun. Bei einer Uhr sind die Zeiger (3) gleich rausgefallen, der Sekundenzeiger ist nicht grösser als eine Stecknadel. Auf dem schmutzigen Garagenboden oder gar auf dem Rasensitzplatz wird zumindest der Sekundenzeiger kaum mehr gefunden. :nono:

    Bei der zweiten Uhr war es etwas schwieriger. Zuerst Sekundenzeiger mit Spitzzange rausziehen. Dann Minutenzeiger mit scharfem Messer oder Schere von der Achse hebeln, das gleiche mit dem Stundenzeiger. Vorsicht ist geboten, zumal der schwarze Lack auf dem Zifferblatt (4) leicht zerkratzt. Dann Zifferblatt rausnehmen.

    Danach auf der hinteren Seite die Schrauben (5) (eine oder zwei) an der Masse-Kupferlasche (6) lösen und den Zinn an der Lötstelle (7) mit geeignet kleiner Lötspitze und Sauglitze entfernen, bis sich der Pin dort frei bewegen lässt.

    Bei einigen Uhren ist der Masse-Anschluss mit zwei Schrauben befestigt, bei einigen nur mit einer, dafür einer zusätzlichen Lötstelle (8). Bei dieser Ausführung geht es nicht ohne Gewalt. Die Metall-Lasche ist nach dem Einsetzen noch leicht gedreht worden (= klemmt). Lötzinn dort entfernen und die Lasche gerade biegen (drehen), bis sich das Kupferteil entfernen lässt. Sich beim Zinn entfernen nicht allzuviel Zeit lassen, da der Plastik darunter schnell auch davonläuft. :hmm:

    Die Metall-Lasche ist am Blech für die Beleuchtungslämpchen (9) befestigt. Dieses soll als nächstes raus und es kann im Gehäuse (10) ziemlich klemmen. Mit geeignetem Würge-Werkzeug die Lasche von hinten durch das Gehäuse drücken und/oder an den Lämpchen-Röhren ein bisschen hebeln. Falls vorher alle Schrauben auf der Rückseite gelöst wurden und diese Metallplatte raus ist fällt auch gleich das Uhrwerk (11) mit crazy.png ... und sollte dabei möglichst weich landen. Andernfalls erst jetzt die beiden anderen Schrauben (12) lösen und das Uhrwerk sanft aus dem Gehäuse gleiten lassen.

    einzelteile.png

    hinten.png

    Auf der Leiterplatte sieht man dann 2 grüne runde Elektrolytkondensatoren (Elko) (13) und den Quarz (14). Das Elektrolyt ist über die Jahrhunderte natürlich komplett vertrocknet und die Elemente versagen den Dienst. Original sind 100uF/16V drin. Ich habe dieselben mit 100uF/50V (15) Kübeln (0.17 Taler das Stück, im 1000er-Pack sogar nur 0.13) ersetzt, da grad keine anderen zur Hand. Auf die Spannung kommts nicht draufan, hauptsache mindestens 16V, die 100uF sollten aber stimmen, könnte mir vorstellen dass die Uhr sonst in irgendeiner Geschwindigkeit dreht, aber kaum in der richtigen. Die 100uF/50V haben exakt die gleiche Grösse wie die originalen. Neue Elkos einsetzen und vorallem Polarität beachten (auf der Printplatte Unterseite ist ein - eingezeichnet wie auch auf den gängigen Elkos) (15). Bei Nichtbeachten von Mindestspannung/Polarität dürften die Elemente im Einsatz explodieren, im ersten Falle ziemlich sofort, im zweiten Falle nach ein paar Minuten. Daher: Zeitgenossen, welche der schriftlichen Notation nicht mächtig sind, sollten vor dem folgenden Schritt das Tragen einer Schutzbrille erwägen. :grumble:

    Zum testen 12V an die Pins (16) am Uhrwerk anlegen. Die metallene "Schwungscheibe" (17) im Uhrwerk beäugen, das ist der Antrieb für den Sekundenzeiger. Der sollte sich im Sekundentakt gut sichtbar drehen (was zu erwarten war :D ).

    uhrwerk.png

    Ist das nicht der Fall, den Quarz mittels Kathodenstrahl-Oszilloskop (KO) direkt über die beiden Pins messen. Der Quarz ist der Taktgeber für den Chip auf der Platine, im Defektfall geht gar nichts. Die Beschriftung auf dem Quarz ist entweder unleserlich, auf der Innenseite der Uhr oder kryptisch. Output auf dem KO sollte ein paar mV und etwa 50kHz sein. Sind auf dem KO keine Schwingungen zu sehen, diesen (den Quarz) auch ersetzen.

    Wenns dann noch nicht tut weiss ich grad auch nicht. ?(

    Zusammensetzen findet entsprechend dem umgekehrten Ausbau statt. Klemmfeder (18) nicht vergessen, sie sollte eingesetzt werden wenn die Lämpchenhalterung (9) eingeführt wird. Die Zeiger so einsetzen, dass alle auf Zwölf stehen. Sonst kommt es vor, dass der Minutenzeiger zwar auf 12 steht, der Stundenzeiger aber irgendwo zwischen zwei Zahlen. Minutenzeiger nicht allzufest runterdruecken, sonst streift er auf dem Zifferblatt. Zu beachten ist, dass der Sekundenzeiger nicht in eine der beiden Rillen auf der mittleren Achse gedrückt wird, sonst passt der Einstellknopf vorn auf der Abdeckscheibe beim Zeit einstellen da nicht mehr in die Nut. Am besten diesmal hinten zuerst die Schrauben eindrehen und erst am Schluss die Masse(n) wieder anlöten.

    Für Experten auf der Suche nach Kriechstrom: Die (nichtfunktionierenden) Uhren mit alten Kondensatoren haben im Sekundentakt ca 30mA gezogen. (Funktionierende ziehen 1mA im Sekundentakt)

    Viel Spass, hoffe gedient zu haben. Und auf zukünftige Pünktlichkeit :thumbup:

    Stefan :winke:

    Einmal editiert, zuletzt von Warg (22. Oktober 2015 um 23:23)

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