Capri-Story - unplugged...

Wir wünschen euch allen schöne Feiertage und ein frohes Weihnachtsfest!
  • Nach vielen Anläufen habe ich nun endlich mal meine ganz persönliche Capri-Story aufgeschrieben. Sind mal eben sieben DinA4-Seiten geworden :rolleyes: Damit natürlich zuviel für einen einzigen Post. Habe mir gedacht, da so eine Art Mini-Fortsetzungs-Roman draus zu machen, das ganze also auf etwa 4-5 Posts zu verteilen.
    Ich druck' einfach mal das erste Kapitel unten ab. Wenn's Euch gefällt, folgen die anderen noch nach. Und übrigens: Es handelt sich natürlich ned um Fiction, sondern um 'gelebte Vergangenheit'... :]

    PROLOG

    17. Februar 1978. Die schwach beleuchtete Uhr in der Mittelkonsole zeigt 02:30 Uhr. Keine Lichtquellen bieten Abwechslung von der stockdunklen Nacht. Nur die scharfen Kegel der aufgeblendeten Doppelscheinwerfer zeichnen bizarre Schatten in den noch kahlen Wald neben der schmalen Landstraße. ‚Noch gut vierzehn Stunden...’, denke ich, ‚...dann holt der Typ ihn ab...’ Nazareth’s „Love Hurts“ aus dem Cassettenradio hat keine Chance gegen das heisere Röhren der beiden ovalen Edelstahltröten unter dem Heck, welches nahezu ungefiltert durchs halb geöffnete Seitenfenster ins Wageninnere dringt. Ob das so alles richtig war, frage ich mich. Und gebe mir gleich darauf selbst die Antwort, indem ein unbestimmtes Gefühl von mir Besitz ergreift, dass mir das sicher bald leid tun werde. ;(
    Aber nun gibt es kein zurück mehr. Der Capri und ich werden uns trennen. Bleibe zwar der Marke treu, ja. Aber der biedere, weisse Knudsen-Taunus mit dem schwarzen Vinyldach könnte zu meinem Roadrunner nicht unterschiedlicher sein. Wie ein Sack Torf fuhr er sich. Und der Zweiliter-V6 mit seinen bescheidenen neunzig Pferdestärken hatte mit der schweren Karosse seine liebe Mühe. Welcher Teufel hatte mich eigentlich geritten, meinen Angestellenjob in die Ecke zu werfen und mich ausgerechnet als Klinkenputzer für Autoteile zu verdingen? „Da kommt Jochen Mass...“ hatten sie gelästert, wenn ich mit dem silbern und rot glänzenden Straßen-Rennwagen vorfuhr und meine Musterkoffer aus dem winzigen Heck-Abteil zirkelte. Ein paar andere meiner Kunden fanden diesen Dienstwagen ziemlich cool. Aber die waren eindeutig in der Minderzahl...
    Noch die leichte Biegung da hinten, dann bin ich fast zu Haus. Ich fasse das kleine Indianapolis-Lenkrad etwas fester, denn die 235er Pirellis ohne Servounterstützung laufen jedem Steinchen auf der Fahrbahn nach. Warum kann man den V6 eigentlich nicht immer nur im Schiebebetrieb fahren? Diesen unnachahmlichen Geräuschmix aus Hämmern und Knattern aus dem Auspuff beim Gaswegnehmen sollte man eigentlich mal auf einer Musicassette konservieren. Sanft bremse ich die Kurve an....
    Der ausgewachsene Rammler mitten auf meiner Fahrbahnseite blickt mich starr an, sein bernsteinfarbenes Auge leuchtet wie ein Rückstrahler vom Fahrrad im Scheinwerferlicht. ‚Nicht schon wieder...’ schiesst es mir durch den Kopf, während ich das Bremspedal stärker durchtrete und der Vorderwagen fühlbar zum Kurvenaussenrand drängen will. Dennoch weiss ich aus leidvoller Erfahrung, dass nichts und niemand den tierischen Zusammenprall auf diese kurze Distanz noch verhindern kann... 8o


    1975

    07. Juni. Gut, die Kardanwelle vibriert anständig beim Beschleunigen. Wahrscheinlich das Mittellager ausgenudelt. Die Lenkung hat ein wenig Spiel und das Lenkrad steht nach rechts geneigt, verdeckt einen Teil der Instrumente. Ein scharfes Klack-klack von der Hinterachse und von den vorderen Schubstreben beim Einfedern macht auf Unibal-Gelenke mit zuviel Spiel aufmerksam. Und die schmalen, roten Streifen längs übers ganze Auto sind nur aufgeklebtes Gewebeband. Das muss mal als erstes weg. Na, und blau sind eigentlich alle Capri irgendwie. Da könnte man ja vielleicht mal an eine andere Lackierung denken...
    Schon seit ein paar Jahren gibt es nun diese rattenscharfen Capris und Escorts mit den neunzölligen, blitzblanken BBS-Felgenschüsseln, tief wie ein Suppentopf von WMF, und Reifen mit der doppelten Breite derjenigen eines normalen Mittelklassewagens. Geradeso, als wären sie aus dem Fahrerlager irgendeiner Rennstrecke mal eben zum Auftanken gefahren. Und genauso lange hatte ich schon mit einem so aufgemachten Auto geliebäugelt. Nur Kleinwagen gefahren bisher, diverse Fiats, zuletzt einen Simca 1200 S. Und der schien mir mit seinen 80 PS schon recht flott. Und da steht er nun, dieser Breitspur-Hammer! 150 Pferdestärken, 2,6 Liter-Einspritzmotor, endlos lange Motorhaube, einen kecken, sogenannten „Entenbürzel“ hinten auf dem Kofferraumdeckel. So gerade eben bedecken die schwellenden Kunststoff-Flanken die monströsen Räder. Sagenhaft, wie das Ding in der Kurve liegt. Geht schon aus dem Drehzahl-Keller ab wie ein Zäpfchen, obwohl ich mich wegen der Kardanwelle noch nicht traue, Vollgas zu geben. Schon nach dem ersten Motorblubbern im Stand und ein paar Metern Probefahrt weiss ich: Das isser! Der Verkäufer, ein Dachdeckermeister aus Horrem, zickt ein wenig rum beim Verhandeln. Dennoch werden wir uns bei fairen siebentausend Mark einig. Natürlich sage ich ihm nicht, dass mir von den Siebentausend nur vier gehören und der Rest von der Bank stammt... ;)
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    Daddy tobt, wie so oft bei dem, was ich mache. „Hab’s Dir ja gleich gesagt...“, mault er, „...was willst Du denn auch mit so einem Auto? Verkaufen! Am besten gleich wieder verkaufen und einen gescheiten Diesel holen...“ Na, ich denk’ mir meinen Teil. Was zur Hölle soll ich mit so einem lahmarschigen Diesel? Konnte ich ja auch den 500er Fiat mit seinen 26 PS weiter fahren...
    Obwohl ich insgeheim natürlich mehr als geknickt bin, dass mir kaum vier Wochen nach Erwerb meiner neuen Errungenschaft der Motor verreckt ist. Soeben drehte er noch munter vor sich hin, bei knapp 5.000 Touren. Hatte gerade vorher einen Alfa Romeo GTJ vernascht, der mir schon seit ein paar Kilometern das Leben schwermachte. Ein dumpfes Schlaggeräusch aus dem Motorraum liess mich heftig zusammenzucken und vom Gas gehen, der Alfa wieder vorbei, sein Fahrer von einem Ohr bis zum anderen grinsend, der Lümmel. Und auch das anschliessende, metallische Klappern des Motors verhiess nichts Gutes. Kurbelwellenbruch, lautete die Diagnose. Die verdammte Welle mitten im vordersten Lagerzapfen durchgebrochen. Reparatur lohnt nicht, meinte man, würde zu teuer. Am besten gleich einen nagelneuen Rumpfmotor verwenden, kostet ja im Austausch nur schlappe 1.800 Mark. Na, toll. Klar, dass mein Weg mich wieder zur Bank führte...
    Und obwohl die mich dort erst seit ein paar Jahren kannten und ich keinerlei Sicherheiten ausser meiner bescheidenen Gehaltsabrechnung vorweisen konnte, gaben sie mir wiederum die Moneten, ohne wenn und aber. Ein Grund dafür, weswegen ich bei dieser Bank noch heute meine Konten habe.. :thumbup:

    Freund Rolf ist begeistert. Ob ich was dagegen hätte, wenn er sich auch nach einem solchen Teil umtun würde. Natürlich habe ich nichts dagegen. Meine Phantasie reicht aus, mir vorzustellen, wie es sich anhört, wenn gleich zwei dieser Geräte durch die Häuserschluchten der Kapellenstraße hämmern. Die Leute werden glauben, der Norisring sei geradewegs nach Baesweiler verlegt worden. Obwohl, ich muss vorsichtig sein. Freund Hardy, der mit der eigenen Werkstatt, hatte bereits Besuch von den grün Uniformierten. Wer denn der Typ sei, wollten sie wissen, der regelmässig abends bei ihm vom Gelände führe und die Leute entlang der Straße zum Schließen ihrer Küchenfenster veranlasste. Das sei der neue Sechszylinder-Einspritzer von Ford, hat er cool behauptet. Und die tönten nun mal so laut, so lange der Motor noch kalt sei. Dass ich erst vor ein paar Wochen durch ein kleines, anschließend säuberlich wieder zugeschweißtes Fenster im Blech die beiden ovalen Vorschalldämpfer von ihrem lästigen Innenleben befreite, weiss aber auch Hardy nicht...

    15. Dezember. Der Wunschzettel für das bevorstehende Weihnachtsfest ist fast fertig. Eine Differentialsperre wär’ nicht schlecht, damit das Aufreißen der grossen Einzel-Drosselklappe endlich mal in einem coolen Heckschwenk anstatt im blauen Rauch eines durchdrehenden Hinterrades mündet. Und ein neuer Fahrersitz muss her, weil ich auf dem schwarzen Kunstleder erbärmlich hin und her rutsche. Zudem verdampfte im vergangenen Sommer flaschenweise Schweiss zwischen meinem Rücken und diesem Plastikzeugs. Im Gegensatz dazu friert man bei den gegenwärtigen Temperaturen nach dem Einsteigen daran erst mal fest. Spielt aber keine grosse Rolle mehr, seitdem ich weiß, dass ich meinen Rennwagen bei glatten Straßen wohl in der Garage lassen werde. Winterreifen in dieser Breite? Beinahe mitleidig hatte der Reifenfuzzi den Kopf geschüttelt. Okay, dachte ich naiv, versuchst es eben mal mit den serienmäßigen Pneus. Doch zu groß war das Mitleid bei diesem Anblick. Wenn man sich schon als Mensch mit viel zu großen, kurzen Hosen schämt, wie muss sich da erst ein Rennauto fühlen? Diese Kackstelzen von Rädern sind seitdem auf das Auto nie mehr draufgekommen... :rolleyes:

    TO BE CONTINUED

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