Über 32 Jahre Familienmitglied... TEIL 1....

  • Hallo zusammen,

    da ich neulich wieder mal umgezogen bin und mein Besitzer mich jetzt endlich daheim in seiner schönen grossen Garage bei sich hat, nahm ich dies zum Anlass, mich hier mal anzumelden und euch vorzustellen.Ich denke dass mein Eigentümer in nächster Zeit öfter auf Eure Hilfe angewiesen sein wird... Aber erstmal zu mir, dass ihr wisst, mit wem ihrs zu tun habt....Ich hoffe ich langweile Euch nicht, denn ich hole ziemlich weit aus mit einigen Anekdoten aus meinem Autoleben....

    Ich erblickte im August 1978 in Köln das Licht der Welt mit einer 2 Liter V6 Maschine, einem Dunkelgrün-metallicken Gewand und der simplen GL-Ausstattung mit Stahlfelgen und Chromzierringen. Nachdem ich die Endkontrolle bei meinem Hersteller FORD mit OK durchlaufen hatte, machte ich mich auf den Weg in den schönen Schwarzwald. Meine erste Station war eine schöne grosse Ausstellungshalle, wo meine Anwesenheit viele neugierige Blicke auf sich zog, da ich ja einer von den "Neuen" war, mit neuem Gesicht, dem zur damaligen Zeit etwas ungewohnten "bösen Blick" und etlichen optischen Neuerungen. Und eh ich mich versah, war ich auch schon im Besitz eines älteren Herrn.
    Im Frühjahr 1979 konnte ich endlich die Strasse mit den damligen Standarddimensionen von 185mm unter meine Räder nehmen..Meinem ersten Besitzer war wohl mein Hintern mit den zwei Endrohren irgendwie zu langweilig und flach...Also spendierte er mir einen schönen weichen original Gummispoiler und dazu noch an den Seitenscheiben und Heckscheibe Jalousien um mich etwas sportlicher aussehen zu lassen..
    2 Jahre waren vergangen, seit ich zum erstenmal zum Strassenverkehr zugelassen wurde und ich hatte mich schon so richtig eingelebt und eingefahren, da dachte mein Besitzer auch schon wieder daran, mich los zu werden...Oh Schreck!!!!!!
    Na klasse!!!!!!!
    Es dauerte nicht lange und ich fristete mein Dasein wieder in einem FORD Autohaus in der Nähe....Die Konkurrenz war gross, aber irgendwie hatte der Zahn der Zeit nicht so sehr an mir genagt, wie an meinen Kollegen der älteren Serie des schnellen Rückens aus Köln, die auch auf neue Besitzer warteten...Ich war ja noch jung und mein Blech stark...Ich hatte erst 27000 km gelaufen..
    Eben so einen älteren Zeitgenossen, einen Capri 1700 GT in Gelb, von mir fuhr damals ein Arbeiter in diesem Autohaus, der immer zur Nachtschicht kam..Immer spät nachts bevor er Feierabend machte, zog ich seine Blicke auf meine schönen runden Doppelscheinwerfer und meinen "bösen Blick", den ja sein alter Capri II nicht hatte............. Und es dauerte nicht lange, da bekam ich neue Nummernschilder und war bereit für meinen Einzug in mein neues Zuhause...
    Stolz präsentierte mich mein neuer Besitzer im Frühjahr 1981 seiner Familie mit 4 kindern...10 Augen bestaunten mich an diesem kalten Samstagmorgen im Januar mit offenem Mund und unzählige Hände berührten meine sportliche Linie und mein weiches, schwarzes Interieur im Innenraum....Jeder wollte einmal Platz nehmen und sicherte sich einen Platz für die erste Probefahrt...Ich war also gut aufgenommen in meinem neuen Zuhause....Einer der Jungs, damals 10 Jahre alt, war besonders angetan von mir, dazu aber später mehr...
    Ich war ein neues Familienmitglied , denn jeder liebte mich und meinen sonoren Klang aus meinen 2 Auspuffrohren... Mein neuer Herr arbeitete hart und bis spät in die Nacht...Morgens in die eine Firma, abends ins FORD Autohaus...Ich war sozusagen das "Brot und Butter-Auto".....Auf Samstag freute ich mich immer besonders, denn da war Waschtag angesagt...Mein alter Herr bereitete immer alles akribisch vor....Wasserschlauch, Schampoo , weiches Leder zum abledern, Radio (Bundesliga), Gummipflege, Politur (mindestens 5 mal im Jahr), Scheibenreiniger von Mutti und die obligatorische Flasche Bier (oder 2) nebenher....So sah unser Samstagnachmittag aus.....Abends stand ich dann immer blitzblank sauber in der Garage...
    Mindestens alle 2 Jahre bekam ich eine Unterbodenwäsche mit anschliessendem schwarzen (Bitumen :( )Unterbodenschutz....Mein alter Herr war immer bedacht, dass die Kinder im Auto auf keinen Fall essen dürfen und auf keinen Fall mit den Schuhen den Teppich vom Kardantunnel beschmutzen und so weiter... Spielen oder Fahrradfahren mit den fiesen Lenkern und Pedalen in der Nähe von mir und meinem Lack war auch gar nicht gern gesehen...
    Der Winter machte mir auch desöfteren zu schaffen, da wir ziemlich am Hang wohnten und wenn mein alter Herr spät nachts mit mir nach Hause fuhr, die Strasse nicht mehr geräumt war...So kam es, dass ich ein paar mal im Ort warten musste, weil ich den Hang nicht mehr hochkam, während mein alter Herr hoch nach Hause zu Fuss ging, zwei von den Jungs aus dem Schlaf holte und zum Sandsack in den Kofferrraum setzte um noch zusätzlichen Ballast auf die Hinterachse zu kriegen um schräg driftend bis zur Garage zu kommen ...ICH, der Capri???,alleine im Freien??? und im Winter??? über Nacht irgendwo parken????....Das ging gar nicht!!!!...Ich gehörte in die Garage.... :)
    Ab und zu war auch am Sonntag eine Ausfahrt an den Bodensee angesagt und ich konnte auf der Autobahn mit meinen 90 Pferden zeigen was ich drauf hatte und meinen Vergaser und meine 6 Zylinder richtig durchspülen :-)...Aber so eine Reise musste schon vorbereitet sein und mein alter Herr prüfte akribisch am Samsatg noch den Ölstand und alle meine Flüssigkeiten inklusive Reifendruck und den Zustand meines Lacks, auch wenn von Mutti immer die Frage kam, ob das wirklich sein müsse, weil die Fahrt ja nur 1,5 Stunden dauere..... :-)...JA, .AUF JEDENFALL.........
    Ich war auch sehr Kontaktfreudig zu anderen Autos, zweimal in meinem Leben, aber zum Glück war der Kontakt nicht so schlimm, so dass mein Gesicht nicht zu sehr verunstaltet wurde und nach ein paar Tagen Aufenthalt in der Werkstatt wo mein alter Herr arbeitetete, wieder hergestellt...
    So verging mein Leben als "Brot und Butter-Auto" Jahr für Jahr----Der damals(1981) Zehnjährige,einer der 4 Kinder, entwickelte sich seitdem zu einem richtigen Capri-Fan oder Liebhaber und sammelte alles was mit mir und meinen Artgenossen zu tun hatte... So kam es, dass er mit 18 jahren die Führerscheinprüfung bestand und auf der Suche nach einem fahrbaren Untersatz war..Natürlich sollte es ein Capri sein, auch wenn er zu dieser Zeit nur Lehrling als Feinmechaniker war...
    Da mein alter Herr mittlerweile auch in die Jahre gekommen war, entschied er sich,im Jahr 1989, mich dem Sohnemann zu überlassen und bestellte für sich einen nagelneuen Escort in Magentarot mit laschen 75 Pferden.....
    Paaaaahhhhhhhhhh....Was hatte der prüde Escort, was ich nicht hatte?????...Ok....Ich gebs zu,mittlerweile war ich auch in die Jahre gekommen...Die salzigen Winter waren auch nicht,trotz sorgsamer Pflege, spurlos an mir vorübergegangen...Aber trotzdem hatte ich meine sportliche Linie behalten...Meine Radläufe waren nicht mehr ganz frisch, hier und da ein paar Zipperlein und Pickel und mein Lack war an manchen Stellen etwas ausgebleicht...So stand ich nun....abgemeldet unter einem Vordach auf dem Parkplatz wo vor 8 Jahren alles seinen Anfang nahm, in voller Erwartung , welches Schicksal mich nun ereilen sollte..
    Sollte der Sohnemann einer jener zornigen jungen Leute sein, die ungeachtet meiner Motortemperatur Kavalierstarts hinlegen, um die Frauenwelt zu beeindrucken, oder mangels Geld meine Serviceintervalle ignorieren, oder noch schlimmer, mich mit jeglichem billigen Spoilerwerk aus dem Zubehör zu einer Bastelbude verwandeln????...............

    Fortsetzung folgt.......................................

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